Serendipity – oder Leinen los

Seit dem Frühjahr 2020 verbringen wir unsere Freizeit auf einer Dehler 31 – und dies mit ungebrochener Begeisterung. Die Serendi, wie wir sie kurz nennen, dient uns seitdem zwischen April und Oktober als Zuhause auf dem Wasser. Mal für ein Wochenende, mal für vier Wochen. In diesem Jahr sogar für fünf Monate – von Mai bis September. Auf diese Törns wollen wir Dich mit dieser Homepage mitnehmen, die weniger nautische Details enthält, dafür auch Nicht-Segler unterhalten soll. Dabei gilt uns der Begriff Serendipity (Serendipität) als Leitmotiv: Nutze und genieße den Moment, passe Pläne auf dem Wasser an Wind, Wetter und Wellen an – und verwirf auch an Land den einen oder anderen Plan, um das Überraschende im Leben auch genießen zu können.

Die Saison 2024: Neues Boot und …

… neue Pläne …

Der Törn rund Ostsee – von Kiel nach Haparanda/Lappland und zurück – liegt gerade und erfolgreich hinter uns, da fassen wir den Plan, in den nächsten Jahren einmal rund England zu segeln. Unsere Dehler 31, heißgeliebt, aber betagt, eignet sich aber nur bedingt für das Projekt. Und deshalb fällt im November 2023 spontan die Entscheidung für ein neues Boot: eine Sun Odyssey 32. Das Schätzchen mit Kielschwert und biologischem Alter von fünf Jahren weist gerade mal gut 5000 Meilen auf, kein Wunder, denn es diente 20 Jahre fast ausschließlich als Badeplattform im Werbellinsee. Unser Segeljahr dreht sich also um kalte Hallen, enge Schleusen, neuen Komfort, flache Gewässer und die alte Liebe zur See.

05./06. Juni: Orth/Fehmarn
Nach den langen Schlägen im Sabbatical hatten wir uns vorgenommen, dieses Jahr entspannter anzugehen – zumal die neue Serendi noch mehr Aufmerksamkeit benötigt: Der Schipper erforscht noch die Elektrik, wir suchen noch immer die Ursache für das Wasser (zum Glück Süßwasser) in den Bilgen, wir müssen die Bilgenpumpen testen und und und. Deshalb legen wir in Orth noch zwei Hafentage ein, seit unserem ersten Stopp hier mögen wir den Hafen. Gefühlt gibt es in diesem Jahr mehr Dauerlieger, wir finden aber einen perfekten Platz mit Blick auf Kiter in beide Richtungen. Nur das Piratennest mit Gin Tonic und Blick auf den Sonnenuntergang vermissen wir. Zum Glück hält sich Cap Orth, aus Film und Fernsehen auch als Schwanitz bekannt.

Die Serendi (erkennbar an den orangefarbenen Kugelfendern) im Hafen von Orth.

04. Juni: Kirchdorf/Poel – Orth/Fehmarn (34,9 Seemeilen)
Ich bin wieder hier
in meinem Revier
War nie wirklich fort
Bin wieder in Orth.

Orth gehört zu den Häfen, die wir immer wieder gern besuchen – ein Sehnsuchtsort, den der eine oder die andere aus der Krimireihe „Nord bei Nordwest“ kennt. Und was sollen wir sagen: Der mühsame Schlag mit ausgeprägter Flaute lohnt sich erneut, denn im Hafen verzieht sich erst der Regen, dann setzt sich der Ostseehimmel in Szene. Hach. Gerne wieder.

03. Juni: Poel-Hafentag

Wir verlängern unseren Urlaub auf Poel, radeln, schwimmen, spielen Minigolf, essen Fisch und verbringen einen altersgerecht entspannten Tag. Festzuhalten bleibt, dass der Schipper die Partie Minigolf gewinnt, die Co-Skipperin dafür länger in der kalten Ostsee badet. Uns fällt der Abschied von Insel und Hafen gleichermaßen schwer.

Die Serendi liegt am hinteren Steg vom Segelclub Insel Poel.

02. Juni: Poel-Hafentag

Dieses Gebäude reicht aus, um die Co-Skipperin in Urlaubslaune zu versetzen. Es steht am Schwarzen Busch auf Poel, wo sie die Sommer in Kindheit und Jugend mit Steffi, Elke, Ute & Co verbracht hat. Dorthin radeln wir heute bei Sonnenschein und gefühlt konstantem Gegenwind, um endlich wieder in der Ostsee zu baden. Den Strand teilen wir uns nur mit wenigen Gästen, was vor allem am kühlenden Wind liegen dürfte. Allen Poel-Reisenden können wir den Rad- und Fußweg nach Gollwitz empfehlen – eine verwunschene Strecke mit Blick auf die See. Wunderschön.

01. Juni: Kühlungsborn – Kirchdorf/Poel (24 Seemeilen)
Eigentlich sieht die Vorhersage für diesen Schlag gut aus: moderater Wind aus Ost. Uneigentlich gibt es Flaute aus allen Richtungen, weshalb wir den durchaus komfortablen Motor der neuen Serendi anschmeißen und über weite Strecken nach Kirchdorf tuckern. Hier wollen wir zwei Urlaubstage verbringen, doch davor gibt es noch Lehrstunden: Beim Ansteuern im Hafen vergisst die Co-Skipperin noch immer, dass sie ein Bugstrahlruder nutzen könnte – neuer Luxus. Wir lernen kurz vor Kirchdorf, dass auch ein Schwenkkiel eine Handbreit Wasser unterm Kiel braucht, um fahren zu können. Manches ändert sich eben doch nicht. Aber wir liegen am Abend sicher und unbeschadet in dem Hafen, den die Co-Skipperin auf immer mit ihren Sommerferien am Strand, mit der Familie und bei frischem Fisch verbindet. Wir empfehlen fürs Anlegen den Gästestag vom Segelclub Insel Poel (bei der Anfahrt rechts halten). Die Anlage: sehr gepflegt und die Duschen ein Traum.

31. Mai: Barhöft – Kühlungsborn (56,9 Seemeilen)

Vor uns liegt der bislang längste Schlag mit der neuen Serendi: von Barhöft nach Warnemünde – und erstmals auf der freien See. Also starten wir nach dem Blick auf die Wettervorhersage früh, sehr früh. Um 5.30 Uhr verlassen wir den Hafen, keine drei Stunden später verlässt uns der Wind. Unter Motor schieben wir uns an Hiddensee und Darßer Ort vorbei, dann kommt Wind auf. Er lässt die Serendi surfen, sodass wir kurzerhand Warnemünde links liegen lassen und gleich nach Kühlungsborn rauschen. Rechtzeitig vorm Regen liegen wir in der Box und freuen uns über den schönen Segeltag. Wenn jetzt noch unsere Klamotten vom gestrigen Regenguss trocknen, wäre alles an Bord wieder in bester Ordnung. Aber immerhin funktioniert das Handy der Co-Skipperin wieder, es hatte zwischenzeitlich den Betrieb wegen Feuchtigkeit eingestellt.

30. Mai: Peenemünde – Barhöft (38,7 Seemeilen)
Die Zeit läuft seit dem Ablegen: Um 15.20 Uhr wollen wir in Stralsund die Ziegelgrabenbrücke passieren, also nehmen wir jede Windböe mit, um das Tempo zu halten. Das klappt auch alles prima, obwohl der achterliche Wind gerade in den Fahrwassern genaues Steuern erfordert, um eine Patenthalse zu verhindern. Allerdings schauen wir nicht nur nach dem Wind, sondern zunehmend auch auf die Wolken: Die türmen sich in dunklen Schichten übereinander – und unser Urlaubs-Karma, das uns bisher von Regen verschont hat, scheint aufgebraucht. Kurz vor Stralsund beginnt das Spektakel aus Regengüssen, Blitz und Donner. Wir sehen weder Tonnen im Fahrwasser noch die Stadt, dafür nasses Grau. Schlagartig springt die Geschwindigkeit auf acht Knoten, wir holen die Segel herunter und tuckern unter Motor zur Brücke, um mit anderen Booten pünktlich auf die Öffnung zu warten. Vergeblich. Wegen technischer Probleme klappt die Klappbrücke nicht. Also legen wir eine zweistündige Zwangspause ein, legen uns bei Sonnenschein trocken und hoffen auf 17.20 Uhr. Mit Erfolg, sodass wir zwei Stunden später in Barhöft ankommen. Vor dem nächsten Regenguss. Aber auf ein paar tropfende Klamotten mehr oder weniger wäre es an Bord auch nicht angekommen 😅

29. Mai: Lüttenort – Peenemünde (18,7 Seemeilen)

Wir könnten jetzt ganz viele Fotos vom rostigen U-Boot, von gestrandeten Holzschiffen in allen Farben und Formen, von V- und A-Waffen oder monströsen Industriehallen in Peenemünde zeigen. Machen wir aber nicht, die gibt es schon reichlich im Netz. Der Schipper entdeckt stattdessen bei der Suche nach dem Abendessen den Spruch des Sommers, mit dem wir künftig Peenemünde verbinden. Diese Infos können wir noch bieten nach einem Besuch des besonderen Ortes: Das U-Boot verzichtet im Inneren weitgehend auf Erklärungen, die könnten wir für zwei Euro in einer Beschreibung im Format eines Vokabelheftes kaufen. Der Eintritt von sieben Euro sollte daher gut überlegt werden. Die Öffnungszeiten im Dorfladen, die im Hafen angeschlagen sind, stimmen nicht. Die Restaurants im Hafen schließen die Küche um 18 Uhr – genau dann, wenn das äußerst sehenswerte Historisch-Technische Museum schließt. Wir verbringen dort drei Stunden, es hätten locker doppelt so viele sein können.

28. Mai: Lüttenort/Zempin
Seit Tagen zeigen die Wetter-Apps uns heftigen Regen an, der uns aber bisher verschont hat. Heute nun treffen uns Böen und Schauer, was uns wegen des geplanten Hafentages aber nicht stört. Ein kleines Problem zeigt sich am Morgen: Unser Wassertank glänzt mit Leere, Frischwasser gibt es im Hafen nicht. Deshalb schlappen wir mit Eimern über Bahnschienen, Bundesstraße und Deich zur Ostsee, um Wasser zum Abwaschen zu holen. Trinkwasser bekommen wir im Künstlerhaus. Der Kaffee ist gerettet, die Co-Skipperin zufrieden.

Für die Körperpflege hüpfen wir in die Ostsee, gleich zweimal zwischen den Regenschauern. Dann geht es nach Zempin: Dank Achims Tipp finden wir die Fischräucherei Schätzchen (die lohnt sich wirklich), dann gönnen wir uns einen Vortrag über Sturmfluten. Ob das eine gute Idee war, sehen wir morgen, wenn wir wieder starten 😂

Hügö wartet im Strandkorb auf eine Regenpause.

27. Mai: Lassan – Lüttenort/Zempin (6,5 Seemeilen)
Lassan entpuppt sich beim morgendlichen Bummel übers Kopfsteinpflaster als wunderschöne Kleinstadt, deren bunte Häuser mit Türen voller Ornamente punkten. Wir können das Städtchen samt Hafen allen Seglern empfehlen, zumal die Liegegebühr mit Strom knapp zehn Euro kostet.

Uns aber zieht es weiter übers Achterwasser, wir folgen Jochens Vorschlag und steuern den Hafen von Zempin/Rieck an – eigentlich Lüttenort, benannt nach dem Boot des Künstlers Otto Niemeyer-Holstein. Im Sommer warten die Boote vor Anker auf einen freien Platz im Hafen, der sich an der schmalsten Stelle der Insel befindet – etwa 300 Meter Land trennen uns von der Ostsee. Wir finden problemlos eine Box am Steg mit Blick auf den Künstlergarten. Ohnehin: Der Hafen ist ein Idyll, da stört weder die fehlende Dusche noch das Kompostklo. Die Vereinsmitglieder versorgen uns mit Tipps und Herzlichkeit. Einmal mehr überrascht uns die Liegegebühr von nur zwölf Euro pro Tag. Also noch eine Empfehlung für alle, die das Achterwasser mit dem Boot erkunden wollen.

26. Juni: Ueckermünde – Lassan (21,5 Seemeilen)
Unser Ziel im Achterwasser lautet Zempin, und dorthin wollen wir bei besten Bedingungen auch segeln. Es läuft und läuft – bis zur Zecheriner Klappbrücke. Wir kommen um 14.30 Uhr an, die nächste Öffnung steht für 16.45 Uhr an. Also werfen wir den Anker und bauen zum ersten Mal die Bimini (einen festen Sonnenschutz im Cockpit) auf, die das neue Boot besitzt. Im Mittelmeer gehört sie auf jedes Schiff, inzwischen leistet sie aber auch in Norddeutschland und Skandinavien gute Dienste. Richtig zur Ruhe kommen wir aber nicht: Auf der anderen Brückenseite sammeln sich die Boote, und wir sind unsicher, ob die Brückenöffnung für die Sommer- oder die normale Zeit gilt. Also Anker wieder hoch.

Vor der Brücke hängen wir die Serendi an einen Dalben und warten. Bis 16.45 Uhr. Dann geht es kurz unter Motor durch die Passage und unter Segel durchs Fahrwasser. Wegen der Zwangspause müssen wir einen Ausweichhafen suchen. Die Entscheidung fällt auf Lassan, klein, flach, spannend. Also genau richtig für uns. Der Schipper zieht in der Einfahrt das Schwert hoch, und wir legen uns entspannt an die Außenmole des idyllischen Hafens. Zwei Zaungäste schicken uns noch schnell zu Oma Gretes Fischimbiss, direkt am Hafen gelegen. Dort schlemmen wir als letzte Gäste, ehe wir uns auf die Suche nach Toilette und Dusche machen. Gibt es beides. Aber wer sie nutzen möchte, braucht 50-Cent-Münzen. Die besitzen wir nicht, und so tauschen wir Geld bei einer anderen Crew. Der Schweiß des Tages verschwindet schließlich doch im Abflussrohr.

Absacker mit Fisch: Oma Gretes Imbiss in Lassan.

25. Mai: Gasierzyno – Ueckermünde (19,6 Seemeilen)
Eigentlich wollen wir nach Karnin segeln, um eine gute Ausgangsposition fürs Achterwasser zu haben. Doch auf halber Strecke erwischt uns eine ausgewachsene Flaute, wir dümpeln mit einem Knoten Fahrt in maushohen Wellen und entscheiden uns, Ueckermünde anzusteuern. Vor der idyllischen Einfahrt erwartet uns ein Pulk an Booten: Die Regatta zwischen Trzebiez (Ziegenort) und Ueckermünde endet gerade. Damit kommen wir abends in den Genuss der Seglerparty, das Talent, immer dort anzulegen, wo gerade eine Feier steigt, behalten wir seit dem vergangenen Jahr bei. Und: Ueckermünde entpuppt sich als ausgesprochen schönes Städtchen voller Historie, an dem wir ohne Flaute vorbeigesegelt wären.

Einfahrt in die Uecker – mit den Regattabooten.

24. Mai: Szczecin – Gasierzyno (15,3 Seemeilen)
Nach unserem Stadt-Aufenthalt zieht es uns wieder in die Natur, wir finden in Gasierzyno einen kleinen Steg im Schilf. Ohne Strom und Wasser und sanitären Anlagen, dafür mit viel Natur und einem netten polnischen Nachbarn. Einmal mehr hilft uns bei der Einfahrt, dass wir das Schwert hochziehen und durch seichte Gewässer steuern können. Als Belohnung gibt es einen Liegeplatz im Seerosenbeet – die Mücken können wir dank der Gazefenster fast komplett aussperren.

Ein Bett im Seerosenfeld.

Von Oderberg nach Szczecin (66,2 Seemeilen)
Fünf Wochen wartet die Serendi in der Marina Oderberg – einem unserer Sehnsuchtsorte – unter den wachsamen Augen von Hafenmeister Hannes (Gastronom, Hotelier, Sattler, warmherziger Alleinunterhalter in Personalunion) auf unsere Rückkehr. Mit Dani und Kerstin, Martina und Leon entern wir das Boot am 18. Mai und freuen uns, dass sich des Schippers Alptraum vom Wassereinbruch nicht erfüllt hat. Zusammen genießen wir einen Abend, dann folgen nach dem Abschied der Familie die Arbeitseinsätze auf und unter Deck. Gasventil, Peilkompass, Fernglas, Rettungskragen, Rettungsleine, Löschdecke, Feuerlöscher, Erster-Hilfe-Kasten: Alles bekommt seinen Platz, und wir legen schließlich am 20. Mai ab in die Schleuse Hohensaaten.

Von dort geht es nach Schwedt/Oder und weiter nach Szczecin, wo wir dank der Vorrichtung an Bord den Mast am 22. Mai selbst stellen können. Unter strenger Beobachtung von Fischreihern, die uns immer wieder am Nachbarsteg besuchen. Vier Stunden brauchen wir, bis der Mast steht, der Baum platziert und der Schipper fast zufrieden ist. Endlich besitzen wir wieder ein richtiges Segelboot ⛵️

Fischreiher besuchen uns im Hafen.

Vom Werbellinsee nach Oderberg (22,8 Seemeilen)

Fertig zum Ablegen

Das Boot

„My boat is my home“: So wandeln wir die britische Redewendung gern ab, wenn es um unsere Serendi geht. Sie bietet alles, was wir brauchen – und sie verzeiht gutmütig kleine wie große Fehler.

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Über uns

Solltet Ihr einmal im Hafen ein ankommendes Boot sehen, auf dem die Co-Skipperin beim Anlegen kreischt und der Schipper trotzdem entspannt bleibt – dann ist die Chance groß, dass wir uns treffen 🙂

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